Agia Theodora - Das Wunder von Vasta
Die kleine Kirche der Heiligen Theodora (Agia Theodora) liegt in der Nähe des abgelegenen Dorf Vastas, etwa 12 Kilometer von Megalopolis entfernt, im Herzen des Peloponnes. Die Landschaft hier ist geprägt von einer sanften Hügelwelt, üppiger Vegetation und der stillen Atmosphäre des ländlichen Arkadiens – einer Region, die in der Antike als mythologisches Herzland Griechenlands galt.

Die Kirche steht inmitten einer leicht welligen Landschaft, umgeben von Olivenhainen, Pinienwäldern und vereinzelten Zypressen. Im Frühling verwandeln Wildblumen die Wiesen in ein buntes Meer, während im Sommer die griechische Sonne den Wald in ein faszinierendes Spiel von Licht und Schatten präsentiert.
Nicht weit entfernt fließt der Alfeios, einer der längsten Flüsse des Peloponnes, der das Land mit frischem Wasser versorgt und eine fruchtbare Auenlandschaft schafft.

Die Kirche Agia Theodora – ein Wunder aus Stein und Natur
Die byzantinische Steinkirche Agia Theodora ist ein winziges Bauwerk von nur 4 × 5 Metern, das jedoch weltweit Berühmtheit erlangt hat. Ihr markantestes Merkmal: 17 große Bäume (vorwiegend Eichen und Platanen) wachsen aus dem Dach und den Wänden, einige über 30 Meter hoch. Das Gewicht der Bäume soll insgesamt über 9 Tonnen betragen – eine Belastung, die das Dach eigentlich zum Einsturz bringen müsste, doch die Kirche steht seit Jahrhunderten unbeschadet. Trotz der massiven Bäume sind weder innen noch außen Wurzeln sichtbar. Wissenschaftler der Universität Patras fanden heraus, dass die Wurzeln durch winzige Hohlräume in den Mauern bis zum unterirdischen Fluss gelangen, der sie bewässert. Die Kirche trägt das 4,6-fache der maximal zulässigen Last – ein Rätsel, das selbst Ingenieure verblüfft.

Die Legende der Heiligen Theodora
Theodora lebte vermutlich im 12. Jahrhundert – zumindest wird die Kirche aus dieser Zeit datiert. Sie war das zweite von drei Kindern einer armen Familie. Im byzantinischen Reich, wie Metropolit Theofilos Kanavos von Gortynos berichtet, war es Pflicht für jede Familie, einen männlichen Nachkommen zum Militärdienst zu entsenden. Hatte eine Familie keine Söhne, konnte sie sich durch eine Geldzahlung von dieser Pflicht freikaufen. Doch Theodoras Familie war so arm, dass sie sich dies nicht leisten konnte.
Um ihre Familie von dieser finanziellen Belastung zu befreien, fasste Theodora den Entschluss, sich als Mann auszugeben und selbst den Militärdienst zu übernehmen. Obwohl ihre Familie zunächst zögerte, setzte sie ihren Plan durch und trat unter dem Namen „Theodoris“ dem Heer bei. Sie nahm große Entbehrungen auf sich, unterzog sich hartem Training und achtete sorgfältig darauf, ihre wahre Identität nicht preiszugeben. Mit der Zeit gewann „Theodoris“ das Vertrauen der Kameraden und wurde allseits geschätzt.
Eine junge Frau, die sich um die Wäsche der Soldaten kümmerte und auch sonst hilfsbereit war, verliebte sich in „Theodoris“. Da Theodora ihre Zuneigung nicht erwidern konnte, erhob die junge Frau, nachdem sie schwanger geworden war, den Vorwurf, „Theodoris“ habe sie entehrt und sei der Vater des Kindes. Der Kommandant ordnete darauf hin an, dass „Theodoris“ die Frau heiraten solle – eine Forderung, die Theodora ablehnte. Ohne ihre wahre Identität zu offenbaren, beteuerte sie erneut ihre Unschuld.
Am Vorabend der Gerichtsverhandlung soll Theodora gebetet haben, ihr Grab möge zu einer Kirche werden, ihr Blut zu einer Quelle und ihre Haare zu Bäumen. Das Militärgericht verurteilte sie schließlich zum Tode, und sie wurde hingerichtet. Als nach ihrem Tod bekannt wurde, dass es sich bei dem Verurteilten um eine Frau gehandelt hatte, war das Entsetzen groß.
Theodora wurde später heiliggesprochen, und um ihr Leben und ihren Tod ranken sich seither zahlreiche Legenden. Die kleine Kirche, die ihr gewidmet ist, wurde zu einem bedeutenden Wallfahrtsort – das Wunder von Vasta.

Innenansicht der kleinen Kirche Agia Theodora
Die Kirche Agia Theodora heute
Agia Theodora bei Vasta ist ein zentraler spiritueller Ort für die orthodoxe Bevölkerung Arkadiens. Die Legende der Heiligen Theodora, die sich als Mann verkleidete, um ihre Familie zu retten, wird hier lebendig gehalten. Die Gemeinde sieht in den 17 Bäumen auf der Kirche ein göttliches Zeichen – sie symbolisieren Theodoras Alter und ihre Verbindung zur Natur.

Jährlich pilgern tausende Gläubige am 11. September (Theodoras Gedenktag) zur Kirche, um für Heilung und Schutz zu beten. Viele hinterlassen Zettel mit Gebeten in den Mauern. Die Kirche ist Stolz der Region und wird in Schulen und Dorffesten thematisiert. Die Legende stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl, besonders unter Frauen, die Theodora als Symbol weiblicher Stärke verehren.
Herausforderungen beim Erhalt des Gebäudes
Die einzigartige Kirche kämpft mit baulichen Problemen, verursacht durch die wachsenden Bäume und natürliche Einflüsse:
Feuchtigkeit und Wurzeln: Der unterirdische Fluss („Theodoras Blut“) hält die Bäume am Leben, führt aber zu Feuchtigkeitsschäden an den Mauern. Die Wurzeln drängen durch winzige Spalten und destabilisieren langsam die Struktur.
Statische Belastung: Die 9 Tonnen schweren Bäume üben das 4,6-fache der zulässigen Last auf das Dach aus. Ingenieure der Universität Patras überwachen das Gebäude, doch eine dauerhafte Lösung gibt es nicht.
Restaurierungsdilemma: Jeder Eingriff könnte das natürliche Wunder zerstören. Die Gemeinde setzt auf minimale Konservierung, etwa Drainagen gegen Feuchtigkeit.
Besucherinformationen: Öffnungszeiten, Feste und Brauchtum
Öffnungszeiten:
Die Kirche ist täglich zugänglich, meist von 8:00–20:00 Uhr (im Winter kürzer). Eintritt frei, Spenden erwünscht.
Feste & Brauchtum:
- 11. September: Hauptfest mit Gottesdiensten, Prozessionen und Volksmusik. Pilger waschen sich im nahen Fluss (symbolische Reinigung).
- Traditionelle Opfergaben: Gläubige bringen Olivenöl, Honig oder handgefertigte Ikonen als Dank für erfüllte Gebete.
Touristische Hinweise:
- Anfahrt über Megalopolis (gut ausgeschildert) oder von Süden über eine kurvenreiche Straße über Kapnasi. Parkplätze vorhanden.

Wie aus der Navi-Ansicht zu erkennen, geht es sehr kurvenreich (mit teilweise engen Dorfdurchfahrten) zu.
Fotografieren erlaubt, aber Respekt vor betenden Pilgern.
Führungen erklären Legende und Wissenschaft – oft auf Griechisch, aber englische Infoblätter verfügbar
- Es gibt zwei große Tavernen mit vielen Sitzplätzen. Das lässt darauf schließen, dass in den Sommermonaten die Besucherzahlen hoch sind. Nicht selten sind große Reisebusse auf dem Parkplatz zu sehen. Bei meinem Besuch im Mai waren allerdings nur wenige Besucher*innen vor Ort.

Terrasse einer Taverne bei Agia Theodora nahe der Wassermühle im Mai.
Die Wassermühle bei Agia Theodora
In unmittelbarer Nähe zur Wunderkirche Agia Theodora befindet sich eine traditionelle Wassermühle, die nur etwa 10 Gehminuten von der Kirche entfernt liegt. Die Mühle ist in eine malerische Flusslandschaft eingebettet, direkt am Pamisos-Fluss, der auch die Bäume auf der Kirche bewässert.

Die Mühle ist ein typisches Beispiel für arkadische Handwerkskunst, erbaut aus lokalem Stein und Holz. Sie nutzt die Kraft des Flusses durch ein unterschlächtiges Wasserrad (von unten angetrieben). Einst diente sie zum Mahlen von Getreide für die Dorfbewohner und ist heute ein kulturelles Denkmal mit angeschlossener Taverne. Die Mühle wurde vermutlich im 19. Jahrhundert errichtet und war bis Mitte des 20. Jahrhunderts in Betrieb. Besucher können die Mühle besichtigen.

In den vergangenen Jahren wurde sie von einem lokalen Unternehmer liebevoll restauriert und in eine Taverne mit Backofen und Grill umgewandelt. Dabei blieb die historische Bausubstanz erhalten. Die Taverne serviert traditionelle griechische Küche (z. B. frisches Brot aus dem Steinofen) in einem idyllischen Garten am Flussufer. Dazu gibt es frisches Quellwasser.
Verbindung zur Legende: Der Fluss Pamisos gilt als „Blut der Theodora“ und speist sowohl die Mühle als auch die Quelle unter der Kirche.

Letzte Aktualisierung: 30. Mai 2025